Thron, Schützen und Vorstand in den Jahren nach der Vereinsgründung
Entstehungsgeschichte des Jungschützenvereins Barlo
Der Jungschützenverein Barlo wurde, nach Erzählungen, im Jahr 1920 gegründet. Die Gründung war zu jener Zeit keineswegs unumstritten. Im Folgenden sind einige Aussagen zur frühen Geschichte des Vereins zusammengetragen.
Schwierigkeiten und Problematik bei der Vereinsgründung
Der damalige Pfarrer von Barlo, Ferdinand Schürmann (1915-34), hatte in einer handschriftlichen „Chronik der Pfarre zu Barlo“ über die Gründung des Junggesellenvereins folgenden Kommentar und Bedenken erörtert:
„Im Januar dieses Jahres (1920) wurden von einigen Burschen hinter dem Rücken des Pfarrers im geheimen ein Junggesellenverein gegründet nach dem Muster desselben Vereines in Rhede. Dass ein solcher Verein in einer reinen Bauernschaft wie Barlo gar keinen Zweck hat und sogar für die Jugend verführerisch und gefährlich werden kann, liegt auf der Hand. Dieser Verein ist ein reiner Tanzverein und bezweckt nur, die Vergnügungssucht unter den jüngeren Leuten zu fördern, die in dieser Zeit gerade groß genug war. Das 1. Ziel, dass dieser Verein sich steckte, war, die Sonntagstänzerei in Barlo einzuführen; so zum Beispiel sollte der 1. Ball am Ostermontag stattfinden. Durch eifrige Gegenarbeit wurde dieses jedoch verhindert, auch am Kirmessonntag fand in diesem Jahre kein Ball hier statt, weil der Herr Baron von Graes, der zur Zeit stellvertretender Amtsmann war, keine Erlaubnis dazu gab, weil dieser Sonntags-Kirmesball früher nie gewesen sei und wegen des Bocholter Zuganges körperlich und geistig gefährlich werden konnte. Jedenfalls ist immer dahin zu wirken, dass dieser zwecklose Verein nicht schadet, respective ignoriert wird und das gute Barlo nicht in Verruf bringt. Bei den alten Barloern, die sehr konservativ sind und nicht viel von Neuerungen halten, erfreut sich der Verein keiner Beliebtheit. Später verbot Schulze Wehninck dem Vereinswirt, weder sonntags noch alltags (außer Kirmesmontag) von seiten des Junggesellenvereins einen Tanz in seinem Saale abhalten zu lassen. Da dieses Verbot große Erregung hervorrief, die zu allerhand Hetzerei missbraucht wurde, wurde später beiliegende Einigung erzielt. Später mäßigte sich der Verein in seinen Festveranstaltungen, so dass der Pfarrer besonders am 2. Kirmestage teilnahm.“ - Der letzte Satz wurde von ihm später nachgetragen.
Zu dieser Einigung deckt sich auch die Anmerkung von Josef Hidding aus den 1930er Jahren in seinem Beitrag über „Jungschützenverein Kirchspiel Barlo“. Wie er zitiert:
„Zu der Zeit hatte der Barloer Pastor wegen des Schützenfestes noch ein Wort mitzureden. Der Vorstand musste ihn fragen, ob das Fest stattfinden konnte und wie lange gefeiert werden durfte.“ In: „Barlo Gestern und Heute“ 2007, Seite 395
Der Pastor Schürmann muss wohl eine ganz besondere Abneigung gegen das Tanzen gehabt haben wie er schon vorher im Frühjahr 1919 unter dem Thema „Tanzwut" berichtet:
Ganz bald nach Beendigung des Weltkrieges setzte in ganz Deutschland, in Stadt und Land, eine furchbare Tanzwut ein, die namentlich in den Städten in obszöner Weise ausartete. Auch in Barlo fand der Tanzkoller allmählich Eingang. Ein Tanz reihte sich an den anderen, viele Tänze, welche während der Kriegszeit bei Hochzeiten etc. ausgefallen waren, wurden rite (=ordnungsgemäß) nachgeholt. Man stand dieser wahrhaft „kranken" Erscheinung machtlos gegenüber und mußte nur versuchen, die Tanzsucht in ordnungsmäßige Bahnen zu leiten, was im allgemeinen auch gelang. Ein Glück war, dass es an geistigen Getränken, wenigstens an den starken „Friedensgetränken" fehlte, sonst wäre das Übel noch bei weiten größer geworden. Im September wurde nach 5-jähriger Unterbrechung wieder Barloer Kirmes gefeiert, auf der ein Betrieb war wie auf Münsters Send (das war der dortige Kirmesplatz vor dem Schloss). Fast ganz Bocholt war vertreten. Mit der Mission am 1.12.1919 war wieder Ruhe im Kotten.
Vermutliche Hintergründe der Vereinsgründung
Aus diesen oben genannten Beobachtungen des Pfarrers Schürmann als Zeitzeugen kann man wohl schließen, dass das die Hintergründe für eine Vereinsgründung der jungen Leute gewesen sein wird. Auch in anderen Gemeinden wurden nach dem Ersten Weltkrieg neue Junggesellen Schützenvereine gegründet, wenn es dort die alten Schützengilden - soweit es welche gab - nicht mit der neuen Art des Feierns zurecht kamen, weil sie sich zu sehr an der alten Tradition aus früheren Zeiten, ohne jeglichen Zeremoniell, verbunden fühlten.
Die Zeremonien des neuen Junggesellenvereins
Sie wurden aus der Preußenzeit übernommen, wie auch die Uniformen und Kostüme... was man auch anderorts bei Neugründungen dieser Art beobachten kann. Zu dem Königspaar der Schützengesellschaft gehörten unter anderem auch 2 Throndamen. Ursprünglich und auch noch in der Preußenzeit waren sie als Gesellschafterinnen und Amüsierdamen des Königs angestellt gewesen. Der Hintergrund war damit verbunden, dass der König oder Graf oder sonstige höhere Adelige seine Gemahlin nicht selbst auserkoren bzw. auserwählen durfte. Es wurde von den Eltern schon vorbestimmt, wenn die Kinder noch klein waren, mit wem der Sohn oder die Tochter heiraten sollten. In der sogenannten Heiratspolitik versuchte man den eigenen Herrschaftsbereich durch Heiraten immer wieder äußerst erfolgreich auszudehnen, und im Reformationszeitalter spielte es auch eine Rolle, welche Konfession man war oder vertrat. Ehen wurden durch sogenannte Heiratsverträge bzw. Heiratspakte dingfest gemacht. Deswegen wurde es in der Gesellschaft der Adeligen akzeptiert, wenn sie sich bei Festen, Vergnügungsfeiern oder ähnlichen Anlässen eine andere Partnerin aussuchten, die ihnen besser gefiel als ihre eigene Ehefrau.