Das Schützenfest des Jungschützen-Vorstands
Über die 100 Jahre Jungschützenfest in Barlo sind viele Traditionen entstanden, die Jahr für Jahr mit Leidenschaft gefeiert werden. Gerade der Vorstand macht über das Schützenfestwochenende einiges mit. Die Geschichten werden sich noch Jahre später erzählt und bringen immer wieder ein Lachen in die Runde. Das natürlich nur, wenn auch alles jugendfrei und im Rahmen des Gesetzes entstanden ist, versteht sich. Der ganze Wahnsinn fängt am Donnerstag an. Traditionell muss der Vogel fürs kommende Schützenfest vom amtierenden König gestellt werden. Der Vorstand dankt, muss aber den ein oder anderen Tod am Abend sterben. Der König gibt den Vogel nur ab, wenn der Vorstand diesen freitrinkt. Nachdem alle Attrappen freigetrunken und literweise Bier und Jägermeister vernichtet sind, kann der Vorstand endlich den Vogel mit nach Hause nehmen. Nur wird es einem selten leicht gemacht von den Jungschützen, die sich gerne an dem Tag viel Mut antrinken - die eine Truppe am Vereinsheim, die andere bei Schmitz oder auch bei Wissing. Sie warten nur auf den perfekten Moment im Wald oder im Graben, um sich den Vogel zu schnappen. Nach einigen Stunden Druckabbau kommt es schon vor der Vorstand mit bloßen Fäusten, mit künstlichem Nebel, Farbbomben, Böller oder sogar harmlosen Farbkugelgeschossen zu wehren. Da wird man mit der Zeit sehr erfinderisch. Auf Kosten eines blauen Auges oder einer dicken Lippe beim Oberst schafft er es trotzdem meist bis ins sichere Nest.
Nach der turbulenten Nacht wird am nächsten Morgen eine Bestandsaufnahme beim Oberst mit Frühstück und Schnaps gemacht. Die besten Kranzbinder bemühen sich den Kranz für den König zu binden. Der Rest versucht seinen Körper auf Vordermann zu kriegen, da es um 18 Uhr schon wieder zum Antreten geht. Der offizielle Teil beginnt und der Verein lässt antreten und begrüßt die Freundschaftsvereine. Danach geht es mit alle Mann in den Barloer Saal, um bis tief in die Nacht zu feiern, ohne einen Gedanken an den nächsten Morgen. Gerade die Reiter bedanken sich bei ihrem gestrigen Ich, da es für sie schon samstags um 6 Uhr zum Reiterfrühstück beim Hauptmann geht. Teilweise noch mit derselben Garnitur vom Vortag und ohne Schlaf wird sich hier auf einen erfolgreichen Tag eingeschworen und die ersten Flaschen Schnaps vernichtet. Der Rest stößt um halb 9 dazu, um die Schützen zu empfangen. Schnell in den Keller und den richtigen Hut und den richtigen Säbel ergattern und ab zum Antreten. Um alle auf den gleichen Stand zu bringen, wird sich „Mietzes“ (frühere Wirtin Flinzenberg) traditioneller Pfefferschnaps einverleibt. Was genau drin ist, ist ungewiss, aber alle sind sich einig, der extrem scharfe selbstgemixte Schnaps kann einen nur nach vorne bringen. Jetzt kann der Tag starten und ein neuer König beim Vogelschießen gekrönt werden. Nebenbei noch einen Rundgang über die Kirmes und einmal alle Angebote abklappern und nebenbei noch ein Auge auf die Schützen. Denn am Abend muss noch der Tagesvollste mit dem TV-Orden gekürt werden.
Der Sonntag ist der vierte Tag und das macht sich auch bei der Stimme des Oberst bemerkbar. Der ein oder andere Satz fällt dann doch etwas schwerer, aber das spricht nur für zuvor erfolgreiche Tage. Den Vorstandsmitgliedern stehen die Tage ins Gesicht geschrieben. Die Last der letzten Tage ist hoch, was anscheinend auch die Pferde merken. Mal reitet der Adjutant mit seinem vierbeinigen Gefährt in die Musikkapelle, das andere Mal bricht ein Pferd unter der Last dutzenden getrunkenen Liter Alkohol zusammen. Unsere professionelle Reitergarde hatte aber natürlich immer alles unter Kontrolle und die Pferde hören auch meist aufs Wort. Nach dem Antreten und dem Ausholen der verheirateten Paare kann der Tag wieder Fahrt aufnehmen. Der Vorstand stößt mit dem geladenen Gildevorstand an. Der Vereinsführer und der Schriftführer haben eine besonders ehrenvolle Aufgabe. Die beiden müssen die letzten Beiträge der verheirateten Paare einsammeln, haben dabei aber Narrenfreiheit. Spätestens am Abend beim Fahne schlagen macht sich das bemerkbar, wenn plötzlich zwei Männer in Vorstandsgarnitur über den Platz torkeln und froh sind, wenn die eigene Mutter nicht wiedererkannt werden kann. Neben den beiden Kadetten steht die Fahne im Mittelpunkt. Hier zeigt sich wie gut das geplante Zurückhalten des Fähnrichs und seiner Offiziere funktioniert hat oder ob doch der eine oder andere Wackler auf Schnaps zurückzuführen ist. Danach geht es meist weniger zügig in den Saal zum Königsball. Die Jungschützen geben ihr Bestes, um dem Feldwebel auf den Sack zu gehen. Nur der gezückte Säbel hilft, um Einer-Reihen oder die Schildkrötenformation aufzulösen und hinterlässt schon mal einen blauen als Andenken beim Schützen. Gott sei Dank stand an der Kreuzung nur einmalig eine Ampel. Im Saal begrüßt der König seine Gäste auf dem Thron mit vielen Schnapspuren und die Jungschützenfahne wird hochgespielt. Inmitten der stimmlosen Menge zeigen sich die Vorstandsmitglieder noch als fleißige Tänzer beim Ehrentanz. Am späten Abend wird die Fahne dann wieder ausgeholt und in den heiligen Jungschützenkeller gebracht. Hier beenden wir mal den Tag, denn was im Jungschützenkeller passiert bleibt im Jungschützenkeller.
Am Dullenmontag hievt sich jedes Vorstandsmitglied nochmal aus dem Bett, um dem Königspaar einen Besuch abzustatten. Hier werden die letzten Tage und Stunden des Schützenfestes rekapituliert und die Filmrisse zusammengepuzzelt. Der Fähnrich und der Oberst treiben bei den Vorstandsmitgliedern die Vereinsbeiträge ein und besprechen positive, aber vor allem negative Aktionen, die sich die Vorstandsmitglieder über das ganze Jahr geleistet haben. Außerdem wird sich gerne dem Vorstands Schwein gewidmet, was vom Adjutanten des Oberst beschützt wird. Erstmal geklaut und versteckt geht's für den Adjutanten auf die Suche und das nicht nur einmal an dem Tag. Ob in der Straßenlaterne, auf dem Feld vergraben, an den fahrenden Trecker gebunden oder in den fahrenden Stadtbus geschmissen… Hauptsache das Schwein geht nicht verloren. Im besten Falle wird der Adjutant ebenfalls im Blick behalten, bevor dieser wieder hinter Stromkästen oder im Abflusskanal verloren geht. Zum Abschluss geht's für den Vorstand in die Kneipe. Ein Strammer Max auf das erfolgreiche Wochenende! In der Nacht dann noch ein kleines Feuer. Die traditionellen Unterhosen verbrennen zum Abschluss. Und damit das Feuer auch wieder ausgeht, muss natürlich professionell gelöscht werden mit den Mitteln, die Mann halt nach fünf süffigen Schützenfesttagen hat. Wenn die Reste im Müllcontainer doch noch nachbrennen, man mit vollem Körpereinsatz hochklettert und sein letztes Löschwasser nutzt, um den Brand zu löschen, sollte man darauf achten, dass der Deckel nicht locker ist und man durch sein nicht mehr vorhandenes Gleichgewicht nicht in die Hecke befördert wird.